von Karen Beck
Vorstellungen in Beziehungen
2. Teil – Vorstellungen in der Partnerschaft und als Eltern
Vorstellungen gehören zum Leben wie Träume und Wünsche. Sie begleiten uns, prägen entscheidend unser Selbstbild und unsere Beziehungen – und beeinflussen unser Verhalten. Vorstellungen zu haben ist vollkommen normal. Problematisch wird es, wenn wir sie unbedingt durchsetzen wollen, weil wir der Überzeugung sind, im Recht zu sein oder wenn aus ihnen Erwartungen werden, die erfüllt werden sollen. Nicht zuletzt hindern sie uns daran genau hinzusehen, wer und wie unser Gegenüber wirklich ist. Vor lauter Vorstellungen, wie es sein sollte, ist unser Blick auf die Realität verstellt und wir erleben unseren Paaralltag oder unseren Alltag mit Kindern frustrierend.
Vorstellungen in Partnerschaft
In einer Partnerschaft treffen zwei Vorstellungswelten aufeinander: Jeder hat eine eigene Vorstellung davon, wie die Beziehung zu sein hat, wie der Partner/die Partnerin sein soll, wie viel Glück, Geborgenheit und Verständnis er/sie erwartet, wie viel Sex und wie viel Romantik, wie viel Übereinstimmung.
Darüber hinaus hat jeder Einzelne seine ganz persönlichen Glücksvorstellungen. Das Ergebnis ist ofteine mit Vorstellungen und Erwartungen überfrachtete Paarbeziehung. Am meisten ist die Vorstellung verbreitet, dass wir nicht nur unser eigenes Glück, sondern auch das Beziehungsglück in der Hand haben und den Partner glücklich machen können. Weit kommen wir mit dieser Einstellung nicht. Im Gegenteil. Wenn es uns nicht gelingt, den Partner glücklich zu machen, sind wir nicht nur nicht glücklich, sondern fühlen uns dazu auch noch schuldig. Ganz allgemein gesprochen: Nichts lähmt eine Beziehung mehr als die Vorstellung von der Beziehung.
Vorstellungen als Eltern
Wenn aus dem Paar eines Tages Eltern werden, sehen sie sich auf einmal mit scheinbar unendlichen Vorstellungen konfrontiert. Anfänglich geht es noch um Schwangerschaft und Geburt, später dann um Erziehung. Sie haben bereits einige Erziehungsratgeber gelesen und fühlen sich bestens vorbereitet. In ihren Köpfen haben sie Bilder, wie es zu laufen hat mit einem Baby in der Familie. Einig sind sich beide meistens in der Vorstellung, es besser machen zu wollen als die eigenen Eltern, besser als Freunde und Nachbarn. Sie lieben ihr Kind und meinen es gut mit ihm. Doch jeder von beiden hat vielleicht eine unterschiedliche Vorstellung davon, was gut ist für das Kind. In der Erziehung wird besonders deutlich, wie unterschiedlich Eltern sind – nicht nur in ihren Vorstellungen, sondern auch in puncto Erziehungsstil. Der eine bevorzugt eine Erziehung mit Loben und Bestrafen, der andere lehnt es völlig ab. Ob Tischmanieren, Süßigkeiten, Fernsehkonsum etc., es gibt unendliche Themen mit Konfliktpotential. Das Wichtigste ist, Eltern sollten sich darin einig sein, dass es in Ordnung ist, unterschiedlich zu sein. Die Auffassung, Eltern müssten immer einer Meinung sein, ist inzwischen erwiesenermaßen veraltet. Die Kunst besteht darin, mit all den Differenzen einen respektvollen Umgang miteinander zu finden. Kinder können mit unterschiedlichen Erziehungsstilen umgehen, nicht aber, wenn daraus Konflikte und Machtkämpfe entstehen.